Sozialphobie / soziale Phobie (© ibreakstock / Fotolia)

Sozialphobie / soziale Phobie

Soziale Angststörungen erkennen, verstehen, behandeln

Die Sozialphobie („soziale Phobie“) gehört als Phobie zu den Angststörungen nach ICD-10 F40.1. Sie bezeichnet die starke Angst vor sozialen Situationen, speziell vor einer negativen Bewertung durch Andere. Das gilt besonders für ein gefürchtetes Stehen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, das einhergeht mit der Angst vor Blamage und großer Peinlichkeit. Der Kern ist die Furcht vor einer prüfenden Betrachtung und vor Kritik durch andere Menschen. Es fehlen die sozialen Fähigkeiten zu einer angemessenen Bewertung.

Statt von Sozialphobie oder sozialer Phobie wird inzwischen auch von einer sozialen Angststörung oder auch Sozialangst gesprochen. Damit einher gehen mitunter spezifische soziale Defizite und auch ein (unterstellter) Mangel an Sozialkompetenz.

Starke soziale Ängste können zur Vermeidung von sozialen Situationen und einem sozialen Rückzug bis hin zur totalen Isolation führen. Häufig entwickeln sich parallel Depressionen. Und die Angstzustände können sich sogar bis hin zu Panikattacken verstärken.

Im Rahmen einer Verhaltenstherapie kann solch eine soziale Angststörung jedoch erfolgreich behandelt werden.

Begriffliche Abgrenzung: Sozialphobie, Schüchternheit, Introvertiertheit

Eine genaue Abgrenzung ist schwierig, weil die Soziale Phobie Symptome schwer als pathologisch auszumachen sind. Deswegen bedarf es stets eines professionellen Sozialphobie Tests bzw. ausführlicher Diagnostik.

Die Angst vor Kritik zum Beispiel ist (erst einmal und bis zu einem bestimmten Umfang) eine völlig normale menschlichen Eigenschaft. Sie ist bei manchen mehr und manchen weniger ausgeprägt und ihre Ausprägung kann ein sehr weites Feld umfassen, bevor erst von einer Sozialphobie die Rede sein oder eine soziale Angststörung diagnostiziert werden kann.

Auch schüchterne und bzw. oder introvertierte Menschen können unter diesen persönlichen Eigenschaften leiden, ohne dass es sich dabei um eine soziale Phobie handeln muss (vgl. introvertiert Bedeutung). Dasselbe gilt für geringe Sozialkompetenzen oder soziale Defizite. Deswegen kann der Leidensdruck der Betroffenen nicht als hinreichendes Kriterium zur Beurteilung des pathologischen Charakters dienen – obgleich der Grad dieses Leidensdruckes sehr wohl entscheidend ist im Rahmen der Diagnose. Die Grenze ist nur sehr unscharf. Auch schüchterne Menschen können in manchen Situationen regelrecht Panik bekommen. Es ist eine Frage des Grades, ab wann von einer Sozialphobie gesprochen werden muss und dementsprechend schwer allgemein festzulegen. Es muss also stets ein individueller Sozialphobie Test gemacht werden.

Unter Schüchternheit wird die allgemeine Angst oder Unsicherheit bei zwischenmenschlichen Beziehungen verstanden, häufig vor allem bezogen auf nicht vertraute Menschen. In gewisser Weise ist die Sozialphobie eine extreme Form davon.

Introversion wird oft fälschlicherweise damit gleichsetzt. Dabei bezeichnen die Pole Introversion und Extraversion grundsätzliche Persönlichkeitseigenschaften hinsichtlich der Interaktion mit der Umwelt. In sich gekehrte Menschen sind mehr mit der Welt in sich – ihren Gedanken, Empfindungen, Fantasien usw. – beschäftigt, während nach außen gekehrte Menschen sich vor allem mehr mit anderen Menschen beschäftigen. Der Kernunterschied ist, dass introvertierte Menschen vermehrt Energie daraus beziehen, alleine für sich zu sein. Sie laden ihre Batterie gewissermaßen durch das Alleinsein auf, während extravertierte Menschen ihre Batterie im Umgang mit anderen Menschen aufladen. Dementsprechend fällt es introvertierten Personen tendenziell eher schwer, mit anderen Menschen zu interagieren. Sie sind eher unsicher und schüchtern als Extravertierte, für die der ausgeprägte soziale Umgang und damit auch eine gewisse Sozialkompetenz ihr natürlicher Normalzustand ist. Allerdings gibt es sowohl Extravertierte, die schüchtern, unsicher und ohne hohe soziale Kompetenz sind als auch Introvertierte, die das nicht sind. Generell geht es bei der Unterscheidung von Intro- und Extraversion um Tendenzen. Es sind zwei Pole zwischen denen ein weites und ambivalentes Spektrum menschlicher Persönlichkeitseigenschaften liegt.

Soziale Phobie, soziale Unsicherheit und Sozialkompetenz

Ebenfalls schwierig voneinander zu trennen sind Unsicherheit und Schüchternheit. Natürlich überschneidet sich beides immens, jedoch können Menschen auch unsicher sein, ohne dabei sonderlich schüchtern oder ängstlich zu sein. In dieser doppelten Hinsicht muss auch die soziale Unsicherheit verstanden werden.

  • Einerseits kann sie zu den Sozialphobie Symptomen zählen.
  • Andererseits kann die Unsicherheit aber auch schlicht mit mangelnder Sozialkompetenz oder fehlenden sozialen Fähigkeiten zu tun haben. Diese können einem Betroffenen auch bewusst sein. Es kann also sozial ziemlich verunsicherte Menschen geben, die vielleicht sogar deswegen soziale Situationen meiden, ohne, dass diese unter einer Sozialphobie im pathologischen (kranken) Sinne leiden.

Sozialphobiker haben zwar durch ihre Krankheit auch wenige Sozialkompetenzen, allerdings liegt das an ganz bestimmten sozialen Defiziten und nicht unbedingt an einer generell mangelnden sozialen Intelligenz. Die soziale Inkompetenz der Sozialphobiker besteht schließlich nicht ein einem Mangel an Empathie, sondern viel mehr in einem verdrehten und partiell sogar überzogenen Gebrauch davon.

Die typischen soziale Phobie Symptome, wie die Angst vor Ablehnung oder vor Kritik oder vor negativen Reaktionen, wirken oft auch realitätsverzerrend. Das bedeutet, die Betroffenen gehen davon aus, dass Andere wesentlich schlechter von ihnen denken, als diese das tatsächlich tun. Zur sozialen Intelligenz gehört sicher auch eine zumindest grob adäquate Einschätzung solcher Fremdansichten. Und genau in diesem Punkt kann von mangelnder sozialer Intelligenz die Rede sein. Gleichzeitig bringen die Betroffenen durch ihre hohe Sensibilisierung für die Gedanken und Wahrnehmungen von Anderen häufig ab er auch die Grundvoraussetzungen für eine gute Sozialkompetenz mit; soziale Kompetenz und soziale Angststörung müssen sich also im beobachtbaren Verhalten nicht zwangsläufig ausschließen.

Im Gegensatz dazu gibt es Menschen mit einer generell niedrigen sozialen Intelligenz. Während ein Mensch mit Sozialphobie sich falsche, aber auch übermäßig viele Gedanken über die Gedanken und Empfindungen von Anderen macht, machen solche sich wenig bis kaum Gedanken darum. Das Handeln beider kann sich manchmal ähneln, allerdings besteht der Unterschied hier ganz einfach im Leidensdruck der Betroffenen und auch im Potential.

Soziale Phobie
Symptome und Diagnosekriterien

Das zentrale Soziale Phobie Symptom ist die Angst vor der negativen Bewertung durch Andere. Diese kann allgemein auf sämtliche soziale Situationen oder auf sämtliche soziale Situationen außerhalb einer kleinen sozialen Komfortzone bezogen bestehen. Sie kann aber auch nur oder vor allem ganz spezifische Situationen umfassen wie z. B. generell Leistungssituationen, dem Sprechen vor Anderen, Essen/Trinken in der Öffentlichkeit oder dem anderen (bzw. dem begehrten) Geschlecht gegenüber.

  • die Furcht bezieht sich auf die kritische/prüfende Betrachtung in einer kleineren Gruppe
  • in Menschenmengen kann die Angst durch das Untergehen in der Menge fehlen und eine soziale Angststörung in den Hintergrund treten
  • Spotlight-Effekt: Betroffene glauben, dass Andere ihnen viel mehr Aufmerksamkeit schenken, als es tatsächlich der Fall ist
  • niedriges Selbstwertgefühl und mangelndes Selbstbewusstsein, Angst vor Kritik und Ablehnung
  • Begleitphänomene: Zittern, Schwitzen, Vermeiden von Blickkontakt, Erröten, Herzrasen, Übelkeit oder Harndrang
  • Steigerung bis zu Panikattacken möglich
  • Vermeidungsverhalten: soziale Situationen werden systematisch gemieden, mitunter bis zur sozialen Isolation

Zu den Diagnosekriterien zählt die Abgrenzung zu anderen Krankheiten, insbesondere zu der ängstlich-vermeidenden Persönlichkeitsstörung (ÄVP), die sehr viele Symptome mit der Sozialphobie teilt (vgl. auch selbstunsichere Persönlichkeitsstörung). Das ist wichtig um die richtige Therapie zu finden. Dazu können bei einem Soziale Phobie Test vor allem zwei wichtige Unterschiede berücksichtigt werden.

  • Der erste besteht darin, dass Sozialphobiker ihre Krankheit in einem höheren Maße als Störung und explizit nicht als Teil ihrer eigenen Persönlichkeit betrachten, als das bei Betroffenen der ÄVP der Fall ist.
  • Und der zweite Unterschied ist die tendenziell eher situationsgebundene Angst bei der sozialen Phobie. Bei der ÄVP sind die Ängste mehr auf verschiedenartige Situationen ausgedehnt und haben ihren Fokus nicht so stark auf den sozialen Aspekt beschränkt.

Für ein eine professionelle Diagnose bedarf es selbstverständlich eines professionellen Sozialphobie Tests. Es gibt auch diverse Soziale Phobie Tests im Internet, die allerdings keine echte Diagnose stellen können. Solche Soziale Phobie Tests können aber eine grobe Einschätzung bieten. Dazu können aber auch die professionellen Kriterien helfen:

  • fortwährende Angst vor dem eigenen Versagen, peinlichen oder demütigenden Verhalten in Leistungssituationen und bzw. oder sozialen Situationen generell (vgl. Kakorrhaphiaphobie)
  • die Konfrontation mit den angstbesetzten Situationen führt in der Regel zu Angst bis hin zu Panikattacken
  • Betroffene erkennen rational die Unangemessenheit ihrer Ängste
  • Vermeidungsverhalten, das zur Beeinträchtigung der Lebensführung (vgl. auch Prokrastination) oder großem Leidensdruck der Betroffenen führt
  • organische Krankheiten, andere psychische Krankheiten sowie eingenommene Substanzen müssen als Ursachen ausgeschlossen werden

Eine soziale Angststörung kann von Außen betrachtet mitunter unproblematisch sein. Betroffene können ein Mindestmaß an sozialen Fähigkeiten oder an sozialer Kompetenz aufweisen. Das Bild von der totalen sozialen Inkompetenz entspricht häufig nicht der Realität. Insbesondere, da Betroffene nicht selten versuchen, nach außen möglichst normal zu wirken. Sie können eine öffentliche Selbstinszenierung bieten, die das komplette Gegenteil ihres inneren Empfindens darstellt. Jemand mit einer Sozialphobie kann durchaus normal in sozialen Situationen agieren. Nicht aufzufallen und sich keine Blöße zu geben entspricht zudem gerade dem Bestreben der Betroffenen. Dazu zählt auch das Nicht-Auffallen mit den eigenen Ängste. Das schließt eben auch ein, etwaige Mängel bei den eigenen Sozialkompetenzen zu kaschieren oder zu überspielen – was durchaus ein gewisses Maß an sozialen Fähigkeiten bedarf. Nach außen hin kann das manchmal gut funktionieren, allerdings nur mit einem hohen Leidensdruck der Betroffenen. Wobei es auch immer darauf ankommt, wie oft und wie intensiv der Kontakt zu anderen Menschen stattfindet. Das kann sowohl quantitativ als auch qualitativ entscheidend sein. Bei Kontakt einmal die Woche können Betroffene ihre Schwierigkeiten auch unter guten Freunden verbergen. Und bei einem täglichen, eher oberflächlichen Kontakt mit Mitarbeitern kann das ebenso funktionieren. Dazu kommt, dass die Ängste in Situationen mit vertrauten Personen auch wesentlich weniger stark ausgeprägt sein können.

Gewissermaßen zeigt sich hier ein Teufelskreis: Je ausgeprägter die sozialen Fähigkeiten der Betroffenen tendenziell sind, desto besser können sie ihre Ängste verbergen und desto länger können sie vielleicht sogar ihre Suche nach Hilfe hinauszögern. Die (fortgeschrittene oder totale) soziale Isolation ist kein notwendiges Muster bzw. sie ist ein Endpunkt oder eine extreme Form der Krankheit.

Soziale Ängste und das Selbstbewusstsein

Ein ganz zentraler Aspekt bei der Sozialangst und auch bei den Sozialphobie Ursachen ist das meist geringe Selbstbewusstsein bzw. Selbstvertrauen / Selbstwertgefühl. Diese drei Begriffe überschneiden sich und sind schwer voneinander abzugrenzen, zumal sie viele Bedeutungsfacetten haben. An dieser Stelle kann keine Begriffsklärung vorgenommen werden, da das den Rahmen sprengen würde. Aus dem Kontext sollte aber wohl klar sein, in welchem Sinne mangelndes Selbstbewusstsein / Selbstvertrauen / Selbstwertgefühl hier zu verstehen ist. Es geht um Gefühle der eigenen Minderwertigkeit.

Der Kern bei den sozialen Ängsten von Sozialphobikern dreht sich darum, etwaigen Anforderungen Anderer nicht zu genügen. Diese mitunter hohen Anforderungen existieren dabei jedoch lediglich in den Köpfen der Betroffenen. Die Angst vor Kritik, vor einer negativen Beurteilung, davor, überhaupt im Mittelpunkt zu stehen, nicht gut genug für etwas oder für jemanden zu sein, bloßgestellt, blamiert und zurückgewiesen zu werden hat in der Regel ein mangelndes positives Selbstwertgefühl als Nährboden. Eine geringe Selbstachtung oder ein negatives Selbstbild verstärken diese Ängste (siehe negative Gefühle) und tragen einen guten Teil zu ihrer großen, irrationalen Ausprägung bei.

Das kann dazu führen, dass Situationen, Worte, Gesten oder nur die Mimik von anderen Personen entsprechend der eigenen Ängste interpretiert werden. Dazu kommt, dass große Minderwertigkeitsgefühle auch misstrauisch gegenüber die Menschen machen kann, die einem positiv begegnen. Das Muster besteht hier darin, dass die Abwertung der eigenen Person auch auf die andere Person übertragen werden kann, weil diese solch eine vermeintlich minderwertige Person positiv schätzt. Insbesondere bei Beziehungen kann das sehr problematisch sein.

Im Englischen bezeichnet man die Sozialangst / Soziale Angststörung als 'Social anxiety disorder' (© ibreakstock / Fotolia)
Im Englischen bezeichnet man die Sozialangst / Soziale Angststörung als ‚Social anxiety disorder‘ (© ibreakstock / Fotolia)

Soziale Angststörung:
Beispiele und Folgen

Häufig beginnt eine soziale Angststörung bereits in der Jugend. Je nach Ausprägung können dabei erhebliche Schwierigkeiten in der Schule entstehen, die über soziale Probleme hinaus auch die Noten und schließlich das ganze weitere Berufsleben negativ beeinflussen können. Bei einer Nicht-Behandlung etwa durch eine Psychotherapie kann das zu einer existenziellen Abwärtsspirale führen, die das ganze Leben erheblich und nachhaltig äußerst negativ bestimmen kann.

Im Berufsleben können alltägliche Tätigkeiten wie Telefonate (siehe Telefonphobie), das Bitten um Hilfe oder klärende Fragen zu einer regelrechten Strapaze werden. Wenn der Betroffene das Nachfragen nach einem bestimmten Sachverhalt oder auch nach Hilfe bei einer sachlich völlig legitimen Überforderung mit Angst verbindet und dementsprechend so oft es geht vermeidet, hat das fast unweigerlich irgendwann Fehler zur Folge. Diese wiederum verstärken die Selbstzweifel und frühen eventuell gar zu weiteren, äußerst unangenehmen sozialen Situationen wie Vorwürfen und ggf. sogar Abmahnung und Kündigung.

Dabei besteht der Mangel in der sozialen Kompetenz und nicht in der fachlichen. Dennoch können Betroffene so diesen Mangel an sozialer Kompetenz auch irrtümlicherweise für einen Mangel ihrer fachlichen Kompetenz oder gar ihrer Intelligenz und allgemeinen Fähigkeiten halten. Die Folge ist ein Teufelskreis aus Unsicherheit und niedrigem Selbstwertgefühl und dessen vermeintlicher Bestätigung. Das trägt wesentlich zu der sozialen Unsicherheit bei und somit auch dazu, soziale Situationen nach Möglichkeit zu vermeiden – und zwar auch, um die eigene soziale Inkompetenz nicht erleben zu müssen.

Das betrifft auch den alltäglichen Umgang mit den Kollegen. Schon hier können Betroffene die Angst haben, auch nur in ein harmloses Gespräch verwickelt zu werden. Kundenkontakt, Meetings, Networking-Veranstaltungen oder gar Präsentationen sind dementsprechend in einem sehr hohen Maße mit Angst besetzt.

Im Privatleben kann ausgiebiges Vermeidungsverhalten zum sozialen Rückzug bis hin zur totalen sozialen Isolation führen. Das Umfeld kann das Verhalten der Betroffenen oftmals nicht verstehen oder damit umgehen. Zumal, wenn auch gar keine Erklärung erfolgt, sondern nur ein schleichender Kontaktabbruch. Auch gute Freunde können sich abwenden, wenn nie etwas zurückkommt und dementsprechend offenbar kein Kontakt mehr gewünscht wird. Das ist ein häufiges Missverständnis. Wenn das Umfeld überhaupt nicht weiß oder ahnt, dass der Betroffene zwar den freundschaftlichen Kontakt aufrechterhalten will, das aber aufgrund seiner Krankheit nicht kann, wirkt dieses Nicht-Können rasch wie ein Nicht-Wollen. Gerade hier ist eine offene Kommunikation dringend notwendig.


Siehe auch: F 40.1 Diagnose nach ICD 10


Soziale Phobie Ursachen

Grundsätzlich muss die Mischung aus genetischer Disposition und Umwelteinflüssen berücksichtigt werden. Soziale Ängste werden nach lerntheoretischen Ansätzen durch das Konditionieren von Vermeidung erlernt. Dies geschieht entsprechend der genetischen Disposition, sodass es stets individuell verschieden ist, was für Erlebnisse in welchem Umfang zu einer sozialen Angststörung führen können. Generell können jedoch traumatische Erlebnisse jeder Art, Vernachlässigung im Kindesalter und Mobbing, insbesondere in der Jugendzeit, als Soziale Phobie Ursachen bzw. Einflussfaktoren gelten. Dabei werden über einen längeren Zeitraum soziale Erfahrungen als leidvolle Erfahrungen, als negativer Erlebnisse, erlebt und erlernt.

Zusammenhänge mit anderen Krankheiten

Die soziale Angststörungen tritt häufig in Verbindung mit anderen psychischen Krankheiten auf. Das sind meist andere Angsterkrankungen, Formen von Mutismus, ADHS und Depressionen. Die typischen Soziale Phobie Ursachen können häufig auch zu Depressionen führen.

Hinzu kommt eine hohe Gefahr einer Suchterkrankung durch den Missbrauch von Alkohol, Drogen oder Medikamenten. Insbesondere Alkohol nutzen viele Betroffene, zumal die gemeinsame Enthemmung durch Alkoholkonsum gesellschaftlich anerkannt und sehr weit verbreitet ist. Dabei kann sich leicht ein Suchtverhalten entwickeln. Das gilt besonders, weil der Alkohol die akute Angst in der sozialen Situation eben tatsächlich mildert bzw. ganz vertreibt. Der Rausch bietet einen kurzfristigen, akuten Ausweg aus der Angst – ein Ausweg, der bei häufigerem Gebrauch in Suchtverhalten und einer enormen Verstärkung der Probleme mündet.

Gruppentherapie als Bestandteil einer psychotherapeutischen Behandlung | Soziale Angststörung (© Photographee.eu / Fotolia)
Gruppentherapie als Bestandteil einer psychotherapeutischen Behandlung | Soziale Angststörung (© Photographee.eu / Fotolia)

Therapie, Behandlung und Heilung

Eine soziale Angststörung kann in der Regel sehr erfolgreich mit einer Psychotherapie, insbesondere mit der kognitiven Verhaltenstherapie und der Konfrontationstherapie behandelt werden.

Medikamente bzw. Arzneimittel können zur Unterstützung der Therapie verwendet werden. Meistens handelt es sich dabei um Arzneimittel wie Antidepressiva, insbesondere um SSRI und Venlafaxin. Besteht eine starke Belastung durch die Angst, die immerhin bis zu Panikattacken führen kann, kommen auch angstlösende Medikamente, oft vor allem Benzodiazepine, zum Einsatz. Diese sind sehr wirkungsvoll, bergen jedoch auch eine hohe Suchtgefahr und müssen deswegen möglichst geringfügig eingesetzt werden. In der Regel werden Arzneimittel von einem Psychotherapeuten eher als Unterstützung der Therapie genutzt und um die schlimmsten soziale Phobie Symptome zu mindern.

Bei ein kognitiven Verhaltenstherapie hilft ein Psychotherapeut den Betroffenen, eine positive bzw. angemessene Bewertung ihrer selbst, ihrer Ansprüche und von sozialen Situationen vorzunehmen. Dazu kommt eine bewusste Verhaltensmodifikation, um soziale Situationen als frei von Angst zu erlernen. Ziel ist es, durch eine Änderung der Bewertung auch eine Verhaltensänderung herbeizuführen.

Um diese Verhaltensmodifikation vorzunehmen, gibt es verschiedene Wege. Grundsätzlich kann sowohl eine Einzeltherapie als auch eine Gruppentherapie hilfreich sein. Oft wird auch beides miteinander kombiniert. Die Einzeltherapie ist häufig gerade zu Beginn notwendig, denn den Betroffenen fällt es in der Regel schwer, sich auch nur einem Psychotherapeuten anzuvertrauen. Die Gruppentherapie bietet dann die Möglichkeit, positive soziale Erfahrungen durch Übungen zu lernen und neue Bewertungen und Verhaltensänderungen in einer Art geschützten Raum auszuprobieren (vgl. Gruppentherapie Ablauf).

Buch: Soziale Kompetenz kann man lernen
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Ein wichtiges Mittel ist die Exposition im Rahmen der Konfrontationstherapie. Das meint im Grunde ein Verlernen der Angst bei sozialen Situationen. Die Behandlung besteht darin, die Betroffenen langsam und Stück für Stück soziale Situationen ohne Angst erleben zu lassen. Diese Exposition mit dem Gegenstand der Angst – in diesem Fall eine soziale Situation inklusive einer Bewertung durch Andere – geschieht dabei in kleinen Stufen, ohne die Patienten zu überfordern.

Dazu zählt auch das Gruppentraining sozialer Kompetenzen (GSK), bei dem Rollenspiele und Übungen durchgeführt werden, die anschließend analysiert und besprochen werden. Dieses ist in drei prototypischen Situationsformen gegliedert. Bei einer ist der Betroffene gegenüber einem Anderen in einer vorteilhaften Situation und kann lernen sein Recht durchzusetzen In der zweiten sind beide gleichgestellt und der Betroffene kann lernen, seine Wünsche und Gefühle zu äußern und in der dritten befindet der Betroffene sich in einer nachteiligen Situation und kann lernen damit umzugehen. Das Gruppentraining sozialer Kompetenzen kann diese Situationstypen in vielen verschiedenen Varianten zum Inhalt haben.

Gruppentraining sozialer Kompetenzen GSK - Grundlagen, Durchführung, Anwendungsbeispiele
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Ein anderer wichtiger Punkt ist, dass Verständnis, also ein echtes Empfinden davon, mit den eigenen Problemen nicht allein zu sein und dass auch andere Menschen dieselben Schwierigkeiten und ggf. identische soziale Ängste haben, ein enorm wichtiger Faktor bei der Heilung ist. Auch Selbsthilfegruppen funktionieren nach diesem Prinzip und auch bei dem GSK erleichtert die geteilte Leiderfahrung der Betroffenen die Zusammenarbeit.

Daneben gibt es auch Selbsthilfegruppen für Menschen mit sozialen Ängsten unabhängig von einer Psychotherapie und einem Psychotherapeuten. Auch diese können hilfreich sein.

Von der Therapie abgesehen spielt wiederum das ganze Leben und Tun der Betroffenen eine Rolle bei der Heilung. Es müssen gewissermaßen auch die Sozialphobie Ursachen beseitigt werden. Anhaltende positive soziale Erfahrungen in Form von guten Freundschaften, einer glücklichen Partnerschaft und ein guter oder wenigstens unkomplizierter Umgang mit anderen Menschen am Arbeitsplatz tragen sehr viel zu einer Heilung sozialer Ängste bei.

Auch das sukzessive Stärken des eigenen Selbstwertgefühls / Selbstvertrauens ist ganz zentral. Hier können ebenfalls einfache, alltägliche Maßnahmen helfen. Sportliche Betätigung etwa kann oft eine ganze Menge dazu beitragen – insbesondere auch als präventive und/oder therapeutische Maßnahme mit einhergehenden depressiven Verstimmungen oder deren Verschlimmerung.

Die Chancen, als Betroffener die eigenen sozialen Ängste zumindest so weit zu überwinden, dass sie das eigene Leben nicht mehr sonderlich stark beeinträchtigen, stehen also durchaus gut (siehe auch den Artikel Ängste überwinden). Eine Psychotherapie und speziell eine Verhaltenstherapie bedeutet immer auch Mühe und Arbeit an sich selbst. Allerdings liegt gerade darin auch die große Chance, dem eigenen Leiden nicht hilflos ausgeliefert zu sein.

Zum Abschluss hier ein kurzer TV-Bericht zum Thema Sozialangst:

YOUTUBE: Sozialangst, Soziale Angststörung
(youtube.com/watch?v=WYtw_sz_-tY)

Soziale Angststörung, Soziale Phobien
Quellen und Weiterführendes:

  • https://de.wikipedia.org/wiki/Soziale_Phobie
  • https://de.wikipedia.org/wiki/­Sch%C3%BCchternheit
  • https://www.beltz.de/fileadmin/beltz/downloads/kompakt/127755-Diagnosekriterien.pdf (S. 10)
  • https://de.wikipedia.org/wiki/­Introversion_und_­Extraversion#Introversion
  • https://angst.hexal.de/angstformen/soziale-phobie/ursachen/
  • https://de.wikipedia.org/wiki/­Konfrontationstherapie
  • https://de.wikipedia.org/wiki/­Training_sozialer_­Kompetenzen#Gruppentraining­_Sozialer_Kompetenzen_­.28GSK.29
  • https://www.afp-info.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/interaktive_Fortbildung/Heidenreich___Stangier-Soziale_Phobie.pdf (S. 2) bzw.
  • https://de.wikipedia.org/wiki/Selbstwert

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