Diazepam (Benzodiazepin-Beruhigungsmittel) - Dosierung, Wirkung, Nebenwirkungen (© Zerbor / Fotolia)

Diazepam im Überblick

Diazepam gehört zu der Arzneimittelgruppe der sogenannten Benzodiazepine, umgangssprachlich „Beruhigungsmittel“ genannt und oft auch als Valium bekannt. Erfahren Sie hier alles über den Wirkstoff, die Wirkung, die Nebenwirkungen und die Vor- und Nachteile von Diazepam Tropfen und Tabletten.

Was ist Diazepam? – Ein Segen und ein Fluch…

Die einzelnen Arzneimittel der Wirkstoffgruppe der Benzodiazepine werden nach ihrer Halbwertszeit unterschieden. Diazepam ist ein Medikament mit einer langen Halbwertszeit. Bei Personen mittleren Alters ist nach circa 30 Stunden noch etwa die Hälfte des Wirkstoffs im Körper vorhanden, die Metaboliten sind sogar noch länger aktiv. Je älter der Patient, umso länger die Halbwertszeit. Diese kann bis zu 80 Stunden betragen, was berücksichtigt werden muss.

Diazepam Tropfen und Tabletten kommt vor allem zum Einsatz bei psychiatrischen Erregungszuständen, Angst, Schlaflosigkeit und zur Behandlung epileptischer Anfälle. Zudem kommt es in der Alkoholentzugstherapie zum Einsatz, um Entzugssymptome zu mildern und Krampfanfälle zu vermeiden. Es wirkt außerdem entspannend auf die Muskulatur.

Diazepam Tropfen - Ein Blick in die Google-Bildersuche zeigt, wie viele unterschiedliche Pharmahersteller das Benzodiazepin in Form von Tropfen wie auch in Form von Zäpfchen / Tabletten im Angebot haben - lässt sich mit der Abhängigkeit gutes Geld verdienen?
Diazepam Tropfen – Ein Blick in die Google-Bildersuche zeigt, wie viele unterschiedliche Pharmahersteller das Benzodiazepin in Form von Tropfen wie auch in Form von Zäpfchen / Tabletten im Angebot haben – lässt sich mit der Abhängigkeit gutes Geld verdienen?

Das Mittel wurde erstmals von Leo Sternbach in den 1960er Jahren synthetisiert und unter dem Handelsnamen „Valium“ von der Firma Hoffmann-La Roche auf den Markt gebracht. Es war somit nach Librium das zweite Benzodiazepin überhaupt. Wie bei allen diesen Arzneimitteln ist das große Abhängigkeitspotenzial das wesentlichste Problem. Mittlerweile ist das Mittel unter verschiedenen Handelsnamen erhältlich (zum Beispiel Valium oder Faustan), wobei der Begriff „Diazepam“ den chemischen Wirkstoff bezeichnet.

Diazepam Wirkung: Wie wirkt das Medikament?

Diazepam bindet im Gehirn an die sogenannten GABA-Rezeptoren an und entfaltet seine beruhigende Wirkung, da die Nervenzellen in ihrer Erregung gehemmt werden. Es führt zu Entspannung, stößt den Schlaf an (siehe auch Einschlafstörungen), wirkt angstlösend, krampflösend und sedierend. In der psychiatrischen Praxis und in der Notfallmedizin ist es deswegen ein unverzichtbares Mittel zur Behandlung akuter Erregungs-, Schock, Krampf- oder Angstzustände und wurde unter anderem aus diesem Grunde von der WHO in die Liste der unentbehrlichen Medikamente aufgenommen, zu denen jeder Mensch auf der Welt Zugang haben sollte. Im Gegensatz zu anderen Klassen von Beruhigungsmitteln sind diese Mittel in der Regel gut verträglich und die Wirkung setzt schnell und effektiv ein. Dies ist ein eindeutiger Vorteil. Jedoch dämpfen sie nur die Symptome und beseitigen die Ursachen nicht.

Neben seiner entspannenden Wirkung kann Diazepam auch stimmungshebend wirken. Dies liegt zum einen darin begründet, dass zum Beispiel Panikattacken sehr beeinträchtigend auf das Seelenleben von Patienten wirken können (siehe Panikattacke) und deswegen die Entspannung umso größer ist, wenn die Angst plötzlich wieder abklingt. Ein anderer Grund ist die chemische Struktur des Medikaments und seine spezifische Wirkungsweise: Was vorher so bedrohlich und besorgniserregend wirkte, erscheint nach der Einnahme in einem anderen, sanfteren Licht. Dies erklärt, warum das psychische Abhängigkeitspotenzial so hoch ist, da Patienten dazu neigen, dieses Wohlgefühl der „rosa Brille“ immer wieder erleben zu wollen.

YOUTUBE: DieStory · WDR · Deutschland auf Droge · Benzodiazepine > Valium, Tavor & Co. Schon kurz nach der Entdeckung der Tranquilizer vor 50 Jahren besingen die Rolling Stones „Mother’s little helper.“ Eingesetzt bei Ängsten und Schlaflosigkeit werden die hochwirksamen Medikamente als Wundermittel gefeiert. Doch schon bald weiß man: Sie sind Segen und Fluch zugleich – denn die Beruhigungsmittel machen schnell süchtig. 10,4 Millionen Packungen gehen heute jährlich in Deutschlands Apotheken über den Ladentisch. Ohne es zu ahnen, geraten Menschen in einen Teufelskreis aus Abhängigkeit und Entzug. Rund 1,4 Millionen Deutsche sind nach Schätzungen tablettenabhängig. Die Nebenwirkungen sind fatal, der Entzug ist hart. Viele wurden abhängig auf Rezept. Wie sieht die Verschreibungspraxis dieser hoch wirksamen Medikamente aus? Ist die Aufklärung über das Suchtpotential ausreichend? die story „Deutschland auf Droge“ geht diesen Fragen nach und erzählt den Leidensweg von Menschen, deren Leben durch die Tablettensucht aus den Fugen geriet. (youtube.com/watch?v=hBelOR1r9uM)

Diazepam Dosierung und Anwendung?

Das Arzneimittel sollte in einer so niedrigen Dosierung wie möglich eingenommen werden und zwar maximal über eine Zeitspanne von wenigen Wochen hinweg. Da es sich um ein Benzodiazepin handelt, entwickelt sich sehr schnell eine Toleranz, so dass Patienten, die sich an den Wirkstoff gewöhnt haben, in der Regel bald eine höhere Dosierung brauchen als zu Beginn der Behandlung, um die gleiche entspannende Wirkung zu erzielen. Dies liegt im Mechanismus begründet, wie das Medikament an die GABA-Rezeptoren im Gehirn wirkt: Das Gehirn registriert, dass immer neue dämpfende Substanzen nachkommen und fährt deswegen seinen natürlichen Mechanismus der Beruhigung zurück.

Da das Mittel auch schlafanstoßend wirkt, sollte die Anwendung nach Möglichkeit abends erfolgen (siehe auch: starke Schlaftabletten). Wie stark dosiert wird, hängt im Einzelfall von der Verfassung des Patienten ab. Die übliche Dosierung beträgt zwischen zwei und 10 Milligramm. Es ist möglich, die Dosis auf mehrere Gaben am Tag zu verteilen.

Dabei gibt es Diazepam zum einen in Form von Tabletten (in Stärken von teilbaren zwei, fünf oder zehn Milligramm), zum anderen auch als Tropfen, die rasch anfluten und schnell ihre Wirkung entfalten. Tropfen haben im Gegensatz zu Tabletten zudem den Vorteil, dass geringer dosiert werden kann, um die minimal wirksame Dosis zu erzielen. Eine längerfristige Einnahme sollte in jedem Falle nur unter ärztlicher Kontrolle erfolgen.

Nebenwirkungen

Als wichtigste Nebenwirkung ist bei Diazepam eine mögliche psychische und physische Abhängigkeit zu nennen, die sich schon innerhalb weniger Wochen der Einnahme entwickeln kann. Dies gilt auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch im therapeutischen Rahmen.

Circa 1,9 Millionen Menschen in Deutschland sind von Benzodiazepinen wie Diazepam abhängig. Dieses gehörte noch kurz nach der Jahrtausendwende zu den meist verordneten Benzodiazepinen. Andere Nebenwirkungen sind Schläfrigkeit, Tagessedierung, Konzentrationsschwierigkeiten und Überhangssymptome. Auf Dauer steigt die Gefahr von Erinnerungslücken und Stürzen (insbesondere bei älteren Personen).

Im Extremfall sind Patienten kaum noch in der Lage, neue Inhalte zu lernen und im Langzeitgedächtnis abzuspeichern. Außerdem wurde festgestellt, dass die langjährige Einnahme von Diazepam das Risiko für eine Demenz-Erkrankung im Alter erhöht. Auch der Intelligenzquotient sinkt und kognitive Einbußen sind zu beobachten. Die Fahrtüchtigkeit wird zudem deutlich eingeschränkt. Vom Führen von Maschinen oder Fahrzeugen wird deswegen während der Einnahme abgeraten und steht unter Strafe.

Auf Dauer kann sich emotionale Abgestumpftheit, Gleichgültigkeit, Teilnahmslosigkeit, Strukturlosigkeit und eine Persönlichkeitsveränderung einstellen. Bei Überdosierung sind zudem sogenannte paradoxe Reaktionen möglich. Das bedeutet, es tritt die gegenteilige Wirkung dessen ein, was erwünscht ist, und Patienten können agitiert und aggressiv werden, leiden unter Schlaflosigkeit oder Stimmungseinbrüchen.

In der Schwangerschaft und Stillzeit ist Diazepam kontraindiziert, ebenso bei chronischer Muskelschwäche oder Atemproblemen.

Siehe auch den Beipackzettel, z.B. unter https://www.apotheken-umschau.de/Medikamente/Beipackzettel/Diazepam-ratiopharm-5-mg-Tabletten-2078868.html

Diazepam (Valium) in der chemischen Strukturformel | Die Diazepam Wirkung tritt sehr schnell ein, kann in schwierigsten Situationen eine Erlösung sein, aber Nebenwirkungen und Entzugserscheinungen haben es in sich. Das ist insofern schlimm, als das Abhängigkeitspotential äußerst hoch ist (© bacsica / Fotolia)
Diazepam (Valium) in der chemischen Strukturformel | Die Diazepam Wirkung tritt sehr schnell ein, kann in schwierigsten Situationen eine Erlösung sein, aber Nebenwirkungen und Entzugserscheinungen haben es in sich. Das ist insofern schlimm, als das Abhängigkeitspotential äußerst hoch ist (© bacsica / Fotolia)

Wechselwirkungen von Tropfen und Tabletten…

Wie alle Arzneimittel, so kann auch Diazepam Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten wie Antidepressiva (vgl. unsere Antidepressiva Übersicht), Antikonvulsiva, Anästhetika, Anxiolytika und Neuroleptika haben. Insbesondere in Verbindung mit Antipsychotika (siehe antipsychotische Medikamente) steigt bei hoher Dosierung die Gefahr einer Atemdepression, die im Extremfall zum Ersticken führen kann.

Alkohol sollten Sie während der Behandlung mit Diazepam strikt vermeiden, da sich beide Mittel in ihrer Wirkung gegenseitig verstärken. Die Verstärkung des Effekts kann dabei unvorhersehbar und unkontrollierbar werden. Deswegen ist bei der Einnahme von einem gleichzeitigen Alkoholkonsum dringend abzuraten.

Falls Sie mehrere Medikamente einnehmen, die auf das zentrale Nervensystem wirken, sollten Sie mit Ihrem Arzt oder einem kompetenten Apotheker abklären, ob es mögliche Wechselwirkungen bei der Anwendung gibt. Eventuell sind andere Methoden der Entspannung und Beruhigung möglich.

Diazepam Entzug und Entzugserscheinungen

Da Diazepam eine lange Halbwertszeit hat und sich im Fettgewebe ablagert, kann sich ein Entzug kompliziert gestalten. In der Regel wird das Medikament sukzessive in kleinen Schritten ausgeschlichen, um die Entzugssymptome erträglich zu machen. Ausgehend von einer minimal wirksamen Anfangsdosis wird das Arzneimittel normalerweise in Milligramm-Schritten wöchentlich ausdosiert. Dies kann schwierig werden, da aufgrund der chemischen Beschaffenheit des Medikaments der Patient oftmals den Eindruck hat, er könne den Entzug nicht durchstehen. Häufig wird eine Entwöhnung wieder abgebrochen und Betroffene greifen erneut zu dem Medikament. Je nach Abhängigkeitsgrad kann ein Benzodiazepin-Entzug härter sein als ein Heroinentzug.

Ein Entzug kann ambulant oder stationär erfolgen. Dabei wird zwischen Niedrigdosisabhängigkeit und Hochdosisabhängigkeit unterschieden. Von einer Niedrigdosisabhängigkeit („low dose dependence“) spricht man bei einer Tagesdosis von bis zu 20 Milligramm. Dies ist die häufigste Form der Abhängigkeit von Diazepam. Eine regelmäßige Dosierung über 20 Milligramm täglich wird als Hochdosisabhängigkeit bezeichnet. Eine Niedrigdosisabhängigkeit kann oft auch ambulant überwunden werden. Manchmal ist es dabei nicht einmal das Ziel, die Patienten völlig zu entwöhnen, sondern lediglich die Dosis zu reduzieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn ältere Patienten das Medikament über viele Jahre hinweg konsumiert haben. Absetzphänomene können Zittern, Angst, Schweißausbrüche, Krampfanfälle, Halluzinationen, Schlaflosigkeit und Agitiertheit sein. Die Symptome, die ursprünglich durch das Mittel unterdrückt werden sollten, treten somit verstärkt wieder auf. Man spricht von einem sogenannten Rebound-Effekt. Von einem abrupten Absetzen ist deswegen dringend abzuraten, weil insbesondere dann die Krampfgefahr steigt (pharmazeutische-zeitung.de).

YOUTUBE: Eine persönliche Geschichte über Benzodiazepin Abhängigkeit und Entzug, beginnend mit dem Medikament Tavor (youtube.com/watch?v=3zl7VSKgoM8)

Valium ohne Rezept?

Während Valium in den 1960er und 1970er Jahren in hohem Maße verschrieben wurde, sind Ärzte im Allgemeinen aufgrund des hohen Abhängigkeitspotenzials zurückhaltend geworden beim Verschreiben von Benzodiazepinen, auch wenn diese in der medizinischen Praxis durchaus Sinn machen können. Während Benzodiazepine noch in den 1990er Jahren zu den meistverordneten Psychopharmaka gehörten, ist die Tendenz sehr stark rückläufig. Da es auf der anderen Seite beinahe zwei Millionen Benzodiazepin-Abhängige in Deutschlang gibt, werben verschiedene Anbieter vor allem im Internet mit einem rezeptfreien Bezug („Valium rezeptfrei“, „Diazepam Tropfen ohne Rezept“, „rezeptfreie Benzos“). Doch hier ist äußerste Vorsicht angebracht. In der Regel sind diese Anbieter nicht seriös. Dies ist zum Beispiel daran zu erkennen, wenn kein Impressum vorhanden ist und der Text in fehlerhaftem Deutsch geschrieben ist. Im besten Fall bekommen Sie gepressten Milchzucker geliefert, im schlimmsten Fall toxische Substanzen mit schwersten Nebenwirkungen und das zu einem völlig überteuerten Preis. Die Werbung „Valium ohne Rezept kaufen“ ist deswegen normalerweise eine Falle. Illegaler Medikamentenhandel steht außerdem unter Strafe. Bei einem Bezug aus dem Ausland (zum Beispiel über Online-Apotheken aus Ländern, in denen Diazepam Tropfen oder Tabletten nicht rezeptpflichtig sind) besteht die Gefahr, dass der Handel beim Zoll während der Kontrolle entdeckt wird. Auch dann droht eine Strafe.


Fazit

Medikamente wie Diazepam einzusetzen, kann in bestimmten Situationen durchaus sinnvoll sein, da diese Mittel sehr effektiv und schnell in akuten Krisen wirken und gut verträglich sind. Allerdings sollte die Einnahme von stimmungsverändernden Tabletten auf möglichst kurze Zeit in möglichst niedriger Dosierung begrenzt sein. Andernfalls drohen schwerwiegende gesundheitliche Probleme. Benzodiazepine werden deswegen von Fachleuten oft als „Segen und Fluch“ zugleich bezeichnet.

Vorteile:

  • gerade als Tropfen schnell und effektiv wirksam
  • kann lebensrettend sein
  • in sinnvoller Dosierung gut verträglich
  • in der psychiatrischen Praxis und Notfallmedizin unverzichtbar

Nachteile:

  • hohes psychisches und physisches Abhängigkeitspotenzial
  • auf Dauer gesundheitliche Einbußen durch Nebenwirkungen
  • Entwicklung von kognitiven Defiziten
  • Sturzgefahr

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Quellen und weiterführende Ressourcen zu Dosierung, Nebenwirkungen etc.

  • https://de.wikipedia.org/wiki/Benzodiazepine
  • https://de.wikipedia.org/wiki/Diazepam
  • https://flexikon.doccheck.com/de/Benzodiazepin
  • https://flexikon.doccheck.com/de/Diazepam
  • https://www.onmeda.de/Medikament/Diazepam-ratiopharm+2%7C-5mg%7C10mg+Tabletten–wirkung+dosierung.html

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