DBT - Dialektisch-behaviorale Therapie (© C. Schüßler / stock.adobe.com)

Was ist Dialektisch-Behaviorale Therapie / dialektische Psychotherapie?

DBT: Was kennzeichnet die Dialektisch-Behaviorale Therapie als besondere Form bzw. Verfahren der Psychotherapie? Welche Vorteile bietet die dialektische Verhaltenstherapie?

  • Die Dialektisch-Behaviorale Verhaltenstherapie, kurz DBT, wird vorrangig bei Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörungen angewandt. Besonders dann, wenn sie sich selbst verletzen oder selbstmordgefährdet sind. Erfunden wurde sie in den Achtzigerjahren von Marsha Linehan. Inzwischen wird diese Therapiemethode auch bei anderen Diagnosen verwendet, zum Beispiel bei Essstörungen, Sucht oder PTBS. Tatsächlich kommen die genannten Diagnosen aber häufig gemeinsam mit der Borderline-Persönlichkeitsstörung vor.
  • Borderline-Patienten sind schwierig zu therapieren und brechen Therapien besonders häufig ab. Das liegt daran, dass sie auf die Therapeuten in extremer Weise reagieren. Entweder sie wahren zu wenig Distanz oder zu viel. Ein weiteres Problem ist, dass sich diese Patienten leicht durch die Therapeuten zurückgewiesen fühlen. Das kann zu heftigen Reaktionen bis zum Selbstmordversuch führen. Marsha Linehan hat die verschiedenen Verhaltensweisen der Borderline-Patienten analysiert und die Therapiemethoden daran angepasst. Die dialektische Verhaltenstherapie, wie die DBT auch genannt wird, ist also eine sehr praxisorientierte Therapie. (Linehan, 2008, Vorwort)
  • Dialektik ist ein Begriff aus der Philosophie. Dabei geht es um das Gewinnen neuer Erkenntnis, indem man widersprüchliche Theorien so zusammenführt, dass der Widerspruch aufgehoben wird. Im Fall der Dialektisch-Behavioralen Verhaltenstherapie bedeutet das, die Patienten einerseits so zu akzeptieren, wie sie sind, andererseits ihr Verhalten zu ändern. Das funktioniert, indem das Gefühlserleben der Patienten akzeptiert wird, sie aber gleichzeitig Techniken lernen, wie sie diese Gefühle besser in den Griff bekommen. (Kernbberg et al., 2001)

Buch: Dialektisch-behaviorale Therapie (DBT) zur Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung (Amazon)
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Dialektisch-Behaviorale Therapie: Grundgedanken der DBT

  • Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörungen können ihre Emotionen nicht genügend regulieren. Die Emotionen werden als extrem und unkontrollierbar erlebt. Das führt auch zu sozialen Problemen. Die Selbstverletzung ist eine Methode, mit den heftigen Emotionen und dem Stress umzugehen. (Kernberg et al., 2001) Die Dialektisch-Behaviorale Psychotherapie setzt bei diesen Problemen an und vermittelt den Betroffenen, wie sie damit umgehen können. Insbesondere lernen sie, ihre Gefühle besser zu regulieren und achtsamer mit sich selbst umzugehen. Ziel der Behandlung ist es, dass die Patienten das selbstzerstörerische Verhalten aufgeben und sich selbst wertschätzen. Sie lernen auch, die Umstände besser zu akzeptieren. Werden diese Ziele erreicht, verbessert sich die Lebensqualität der Patienten. (Stiglmayr, 2017)
  • Die Grundhaltung des Therapeuten ist in dieser Methode festgelegt. Der Therapeut soll davon ausgehen, dass sich der Patient nichts für seine Störung kann und sein Verhalten gerne verändern möchte. Das ist notwendig, weil Borderline-Patienten oft nicht den Eindruck machen, als würden sie sich anstrengen. (Stiglmayr, 2017)
  • Eine weitere Grundlage der dialektischen Verhaltenstherapie ist der Zen-Buddhismus. Das drückt sich in der DBT auf verschiedene Weise aus. So lernen die Patienten, Achtsamkeit gegenüber sich selbst und höhere Toleranz gegenüber Stress. Dadurch bekommen sie eine andere Einstellung zu sich selbst und ihrer Umwelt und können mit ihren Gefühlen besser umgehen. Auch das Akzeptieren der eigenen leidvollen Erfahrungen ist ein Element des Zen-Buddhismus und zugleich wichtig, um ein Trauma zu bewältigen. (Huppertz, 2003)

Praxisbuch DBT Therapie (Amazon)
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DBT Therapie – Methode und Methodik

  • Die dialektische Verhaltenstherapie verbindet Methoden der kognitiven Therapie und der Verhaltenstherapie. Daneben finden sich noch Elemente der Gestalttherapie und der Hypnotherapie. Auch Meditationstechniken sind darin enthalten (s.a Meditation für Anfänger). (Stieglmayr, 2017) Um den Patienten Sicherheit zu geben, muss diese Therapie besonders klar strukturiert sein. Die DBT setzt bei den Patienten selbst an und wird ihren Bedürfnissen und Fähigkeiten angepasst. (Kernberg et al., 2001) Der Widerspruch zwischen starker Struktur und Anpassungsfähigkeit ist wohl ein weiterer Grund, warum diese Therapie dialektisch genannt wird.
  • Eine Dialektisch-Behaviorale Psychotherapie kann bis zu drei Jahre dauern. Sie besteht aus einer Vorbereitungsphase und drei Therapiephasen. In der Vorbereitungsphase werden die konkreten Probleme des Patienten analysiert. Darauf baut die Therapie auf. Gibt es Folgeerkrankungen der Borderline-Störung wie Alkoholismus oder Drogenmissbrauch, sollen diese zuerst behandelt werden. Die Ziele und Vereinbarungen der Therapie werden in einem Therapievertrag festgehalten, den Patient und Therapeut unterschreiben. Der Vertrag ist wichtig, damit sich die Patienten verpflichtet fühlen und die Therapie nicht vorzeitig abbrechen. (Stiglmayr, 2017)
  • In der ersten Therapiephase wird an den Verhaltensweisen gearbeitet, die die größten Probleme bereiten. Diese Phase der Dialektisch-Behavioralen Psychotherapie besteht aus Einzelsitzungen und Training in der Gruppe. Im Einzelsetting werden akute Probleme und gefährliches Verhalten behandelt. Dabei wird das Verhalten des Patienten aufgelistet und nach Gefährlichkeit gereiht. Das gefährlichste Verhalten wird zuerst behandelt. Es hat immer Vorrang, auch wenn es später in der Behandlung wieder auftritt. Auch soziale Probleme werden bearbeitet. Ein stabileres soziales Umfeld stärkt die Patienten und bietet Rückhalt. Ein wichtiger Punkt in dieser Phase der DBT ist auch das Verhalten in der Therapie selbst. So soll der Therapeut vor Burnout geschützt und die Fortsetzung der Therapie sichergestellt werden. Gibt es andere Krankheiten, die gleichzeitig mit der Borderline-Störung auftreten – zum Beispiel Essstörungen – werden diese in der ersten Therapiephase behandelt. Parallel zu den Einzelsitzungen wird in der Gruppe verschiedene Fähigkeiten trainiert: soziale Fähigkeiten, Stresstoleranz und Achtsamkeit. (Stiglmayr, 2017)
  • Die zweite Therapiephase konzentriert sich darauf, die Belastungen des Patienten weiter zu reduzieren. Das selbstschädigende Verhalten sollte zu dieser Zeit bereits beendet sein. Wie schon in Phase eins begonnen, geht es weiterhin darum, soziale Probleme und Erkrankungen zu bearbeiten. Die in der Gruppe erlernten Fähigkeiten werden vertieft. (Stiglmayr, 2017)
  • In der dritten Phase der Dialektisch-Behavioralen Psychotherapie geht es schließlich darum, die Fähigkeiten weiter zu üben. Dabei spielt die Haltung des Patienten gegenüber sich selbst die größte Rolle. Die Themen sich jetzt eine Steigerung von Selbstachtung und Wertschätzung. Auch an den persönlichen Zielen des Patienten wird gearbeitet. (Stiglmayr, 2017)
  • Ein wichtiges Element der dialektischen Verhaltenstherapie ist das Protokoll. In der ersten Therapiephase wird es wöchentlich vom Patienten erstellt und am Anfang jeder Sitzung mit dem Therapeuten gemeinsam besprochen. Der Patient dokumentiert das Verhalten, mit dem er sich selbst schadet. Bestimmte Verhaltensweisen analysiert der Patient genauer. Unter anderem geht es darum: Was wurde genau gemacht, wie kam es zu dem Verhalten, was waren die Konsequenzen, was hätte man anders machen können. Das soll den Patienten die Konsequenzen ihres Verhaltens und mögliche Alternativen vor Augen führen und so das negative Verhalten langfristig beenden. Zur Therapie gehört auch telefonischer Kontakt mit dem Therapeuten. Der Therapeut selbst wird durch ein Team und Supervision unterstützt. (Stiglmayr, 2017)


Buch: DBT-A - Dialektische Verhaltenstherapie für Jugendliche (Amazon)
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Dialektische Verhaltenstherapie – Probleme und Wirksamkeit

  • Aus den Stärken der Dialektisch-Behavioralen Therapie ergeben zugleich auch ihre Probleme. Eines davon betrifft den Zen-Buddhismus. Es handelt sich um eine sehr alte Philosophie, die aus einer fernöstlichen Kultur kommt. Dort spielt Individualismus keine Rolle, der für unsere westliche Kultur aber sehr wichtig ist. Die Rolle des Therapeuten ist, bei aller geforderten Wertschätzung gegenüber den Patienten, autoritär. (Huppertz, 2003) Auch Gunia et al. (2000) sehen die Probleme in der strikten Führung, vor allem bei den Gruppentrainings. Die Patienten wollen sich in der Gruppe über ihre Erfahrungen austauschen, das ist in diesem Konzept aber nicht vorgesehen. Es geht allein darum, bestimmte Fertigkeiten zu erlernen. Das kann für Patienten und Therapeuten frustrierend sein. Ein weiteres Problem sehen Gunia et al. (2000) darin, dass sehr viele Theorien hinter der Dialektisch-Behavioralen Therapie stehen. Eben weil sie Elemente aus unterschiedlichen Therapien und Philosophien vereint. Daraus ergeben sich hohe Anforderungen an die Therapeuten, die in der Regel eine bestimmte Therapieform gelernt haben und praktizieren. Zudem vermuten die Autoren, dass auch die Patienten höhere Intelligenz benötigen als für andere Therapien.
  • Für eine Metaanalyse wurden zehn Studien über die Wirksamkeit der Dialektisch-Behavioralen Therapie zusammengefasst. Das Ergebnis zeigt einen starken Effekt. Das bedeutet, dass DBT eine wirksame Therapiemethode ist. Allerdings sind zehn Studien nicht besonders viele. Die Autoren der Metaanalyse räumen ein, dass vor allem im stationären Bereich noch mehr Studien gebraucht werden. ( Kröger & Kosfelder, 2007)

Weblinks

Videos – dialektisch-behaviorale Therapie

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  • schlosshofen.at/bildung/gesundheit/psychotherapie/dialektisch-behaviorale-therapie-dbt/?1553645421= (Zugriff am 27.04.2020)
  • psychologieakademie.at/fortbildung-fuer-psychologinnen?seminar_id=S-01-11-0081%2F1 (Zugriff am 27.04.2020)
  • Gunia, H., Huppertz, M., Friedrich, J., & Ehrenthal, J. (2000). Dialektisch-Behaviorale Therapie von Borderline-Persönlichkeitsstörungen in einem ambulanten Netzwerk. Verhaltenstherapie und psychosoziale Praxis, 32(4), 651-662.
  • Huppertz, M. (2003). Die Bedeutung des Zen-Buddhismus für die Dialektisch-Behaviorale Therapie. PPmP-Psychotherapie· Psychosomatik· Medizinische Psychologie, 53(9/10), 376-383.
  • Kernberg, O. F., Clarkin, J. F., & Yeomans, F. E. (2001). Psychotherapie der Borderline Persönlichkeit. Manual zur Transference Focused Psychotherapy (TFP). Stuttgart: Schattauer.
  • Kröger, C., & Kosfelder, J. (2007). Eine Meta-Analyse zur Wirksamkeit der Dialektisch Behavioralen Therapie bei Borderline-Persönlichkeitsstörungen. Zeitschrift für klinische Psychologie und Psychotherapie, 36(1), 11-17.
  • Linehan, M. (2008). Dialektisch-behaviorale therapie der borderline-persönlichkeitsstörung. München: Cip-Medien.
  • Stiglmayr, C. (2017). Die Dialektisch-Behaviorale Therapie bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung. PSYCH up2date, 11(02), 151-164.

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