Angstbewältigung & Angstbewältigungsstrategien
Bei Ängsten werden körperliche Symptome als drohende Gefahr wahrgenommen (Vgl. Müller et al., Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie; 2015, S. 131). Schon Epiktet, griech. Philosoph 50-138 n. Ch. erkannte: „Nicht die Dinge an sich beunruhigen den Menschen, sondern seine Sicht der Dinge.“ Eben an dieser Tatsache setzen die Angstbewältigungsstrategien an.
Ängste sind bis zu einem gewissen Grad normal und schützen Menschen zumeist vor schädigenden Handlungen. Je stärker die Ängste und Angstzustände allerdings das Leben bzw. die Lebensqualität einschränken, desto krankhafter respektive krankmachender sind sie. In einem Stadium des sozialen Rückzugs und starken Einschränkungen der eigenen Handlungen ist ohne professionelle Hilfe kaum ein entrinnen aus dem Teufelskreis aus Angst und körperlichen Symptomen (vgl. auch Angststörungen Symptome und Angstattacken Symptome).
Es gibt zahlreiche hilfreiche Strategien, Methoden und Techniken, um Angst bewältigen zu können. Hier eine kleine Auswahl aus den vielfältigen Möglichkeiten:
Ängste bewältigen mittels Verhaltenstherapie
In der Verhaltenstherapie wird zunächst die Aufmerksamkeit auf die Ängste, die Situationen, in denen sie auftreten und wie sie sich äußern (Beobachtung der Symptome), gelenkt. Das beobachtbare Verhalten wird durch lern- bzw. experimentpsychologische Methoden „verlernt“ und es werden neue, besser geeignete Verhaltensmuster gelernt (siehe auch: Angststörungen behandeln). Mit Hilfe eines Psychologen / Psychotherapeuten der Verhaltenstherapie (Verhaltenstherapeut) kann dieser Prozess innerhalb von Monaten zur Symptomreduktion bzw. -beseitigung führen. (Vgl. Müller et al., Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie; 2015, S. 577).
Kognitive Angstbewältigung
Hierzu gehört unter anderem die von Ellis entwickelte rational-emotive Therapie (RET), die davon ausgeht, dass Ängste und andere psychische Erkrankungen von einem irrationalen Denkmuster verursacht werden.
- Dabei löst ein äußeres Ereignis (A) z. B. eine anstehende Prüfung,
- eine Kaskade der rationalen und irrationalen Meinungen und Bewertungen (B) aus, z. B. „ich werde in der Prüfung versagen, wie immer“.
- Dies führt zu entsprechend (problematischen) emotionalen Reaktionen bzw. Verhalten (C), z. B. statt lernen, etwas anderes lesen bzw. Vermeidungsverhalten.
Die Angstbewältigungstherapie zielt darauf ab, diese irrationalen Grundannahmen zu identifizieren und durch realistische Einstellungen zu ersetzen. (Vgl. Lieb et al., Intensivkurs Psychiatrie und Psychotherapie;2011, S. 101).
Hypnose/Selbsthypnose und weitere…
Die Hypnotherapie setzt auf bestimmte Suggestionen, die zur Veränderung bzw. zur Symptombeseitigung führen kann (vgl. sogar Hypnose gegen Depressionen).
Der Vorteil der Hypnose ist die relativ schnellen Besserung der Symptome. Dem steht der Nachteil der vorübergehenden Wirkung gegenüber. Zur Nachhaltigkeit der Wirkung könnte auf die Selbsthypnose zurückgegriffen werden. (Vgl. Dorsch, Lexikon der Psychologie; 2014, S. 750).
Neben den klassischen Strategien zur Angstbewältigung können weitere Therapieverfahren wie Gestalttherapie, Kunsttherapie oder Schreibtherapie können helfen, Ängste zu überwinden.
Auch mit Kinesiologie (siehe Psycho-Kinesiologie) oder NLP kann Angstpatienten geholfen werden.
Grundsätzlich ist es wichtig, dass man die geeignete Methode für den eigenen Typ findet.
Angstbewältigungstraining – Selbsthilfe:
Im Teufelskreis der wahrgenommenen körperlichen Symptomen, die die Angstzustände steigern, was wiederum die Symptome verstärkt (siehe auch Angstzustände Ursachen), sind Entspannungsverfahren zur Reduktion des Stresses und der Anspannung eine effektive Möglichkeit. Die Methoden setzten ein regelmäßiges Training voraus, um in angstbesetzten Situationen handlungsfähig bleiben und letztlich die Angst bewältigen zu können (vgl. z.B. bei Klaustrophobie).
Ängste bewältigen: Sich vorbereiten mit Atemübungen
Gerade in Angstsituationen wird der Atem sehr flach und schnell. Der Atem selbst beeinflusst auch das Gefühl der Angst und kann es verstärken. Aus der Gestalttherapie kennt man die Übung: Man konzentriert sich auf den Atem, und lässt ihn bewusst flach und schnell werden. Nach einigen Minuten schon fühlt man Angst (NICHT ohne Therapeuten ausprobieren, wenn Sie unter Panikattacken leiden! Diese können dadurch ausgelöst werden! -siehe auch Panikattacken Ursachen).
Daher ist es sehr hilfreich, wenn die Symptome der Angst auftreten, ruhig und tief zu atmen. Die Konzentration liegt nur beim Einströmen der Luft in den Körper, dem Fühlen, wie sich der Körper ausdehnt und schließlich beim langsam Entweichen lassen der Luft aus dem Körper (vgl. z.B. Angst vor Spinnen verlieren).
Atemübungen sind ein wichtiges Angstbewältigungsinventar, das einiges an Übung verlangt. Jedoch lohnt sich das regelmäßige Trainieren der Übungen, um in den jeweiligen Angstsituationen handlungsfähig zu bleiben. Schöne Anleitungen auf MP3 in vielen Varianten finden Sie auf der Seite der Techniker Krankenkasse: tk.de/tk/aktiv-entspannen/meditation/atementspannung-mp3/644568.
Ängste bewältigen durch Meditation
Diese Methode kann helfen, sich zu fokussieren und damit äußere Reize abzuhalten. Ständig grübelnd? – Grübeleien können unterbrochen werden und damit Gelassenheit geübt werden (vgl. www.TK.de, 2017). Meditieren ist ebenfalls ein gutes Angstbewältigungstraining. Sie lernen, sich zu fokussieren, was Ihnen helfen kann, dass die Angst sie nicht mehr lähmt. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Seite der Techniker Krankenkasse: tk.de/tk/aktiv-entspannen/meditation/meditationsuebungen/131936.
Autogenes Training
Das Autogene Training soll durch die konzentrative Selbstentspannung Störkreise verspannungsbedingter Symptome unterbrechen. Der Effekt soll Gelassenheit, jedoch keine Gleichgültigkeit hervorrufen. In der Angsttherapie nutzt man diese Methode, um zu lernen, Ängste zu akzeptieren, damit man besser mit ihnen umgehen kann. (Vgl. Lieb et al., Intensivkurs Psychiatrie und Psychotherapie;2011, S. 113).
Muskelrelaxation nach Jaccobson
Bei der Progressiven Muskelrelaxation (PMR) werden nacheinander Muskelgruppen angespannt, wobei die Anspannung wahrgenommen werden soll. Es folgt die Entspannung, die ebenfalls bewusst beobachtet werden soll. Die Entspannung wirkt sich im Nachhinein auf den ganzen Körper aus.
Eine Anleitung zur PMR findet man auf der Seite der Techniker Krankenkasse in verschiedenen Varianten: tk.de/tk/life-balance/aktiv-entspannen/progressive-muskelentspannung/36272.
Angststörungen: Ursachen, Formen, Symptome, Therapie, Selbsthilfe
Angst bewältigen – Tipps für den Alltag:
- Machen Sie täglich Ihre Übungen – Mit dem Atem lässt sich bei Ängsten viel bewirken; tiefes, ruhiges Atmen hilft dabei, Angstzustände bewältigen zu können
- Achtsamkeitsübungen wie z. B. BodyScan, helfen Ihnen, sich zu fokussieren (Anleitung in verschiedenen Varianten: tk.de/tk/aktiv-entspannen/meditation/mp3-body-scan/612168)
- Praktizieren Sie Entspannungsverfahren wie PMR, Autogenes Training oder anderes – finden Sie für sich die geeignete Methode für Ihre eigene Angstbewältigungstherapie
Wenn Sie fleißig Ihre Entspannungsverfahren trainiert haben, können Sie vielleicht schon einen Schritt weiter gehen:
- In der Psychologie lassen Therapeuten oft ein „Worst Case“- Szenario schreiben, d. h. überlegen Sie sich, was das Schlimmste wäre, was passieren könnte, wenn ihre Befürchtungen eintreffen. Damit konfrontieren Sie sich mit Ihren Ängsten und setzen sich damit auseinander.
- Aus der Kunsttherapie kennt man das sogenannte „Angstmonster“: Man malt die Angst, die einen plagt auf, somit wird sie konkret. Dann kann man sich mit ihr unterhalten und damit herausfinden, was die Angst einem „sagen“ will. Das mag eine der ungewöhnlichen Angstbewältigungsstrategien sein; hat aber so manchem schon geholfen.
Angstzustände bewältigen | Zum Weiterlesen:
https://www.angst-verstehen.de/beruhigungsmittel-bei-stress-und-gegen-angst/
Psychotherapie von A-Z ♥ – Ein einführender Überblick für Patienten