Winterdepression - was tun? | Symptome und Behandlung von Winterdepressionen (© DREIDREIEINS Foto - stock.adobe.com)

Winterdepression: Symptome, und was tun zur Behandlung?

Winterdepressionen schlagen in der dunklen Jahreszeit zu und betreffen überwiegend Frauen. Die Winterdepression wird auch als saisonale Depression bezeichnet – im Englischen ist der Begriff seasonal affective disorder (SAD) gebräuchlich. – Wie entsteht die psychische Krankheit – und was tun Ärzte und Therapeuten, um sie zu behandeln? Antworten auf diese und weitere Fragen finden Sie hier.

Was ist eine Winterdepression?

Eine Winterdepression beginnt im Herbst oder Winter. Die Symptome der Winterdepression können bis zum Frühling anhalten. Betroffene sind kaum noch in der Lage, sich an etwas zu freuen, das für sie zuvor mit positiven Gefühlen verbunden war. Auch ihr Interesse an ihren Hobbys nimmt ab.

Eines der zentralen Symptome der Winterdepression ist die depressive Stimmung: Die Betroffenen fühlen sich traurig, abgestumpft oder innerlich leer (vgl. müde antriebslos traurig). Manche Depressive verlieren den Zugang zu den eigenen Gefühlen vollständig und haben den Eindruck, durch einen langen Tunnel oder einen grauen Schleier zu blicken.

Depressiv | Bin ich depressiv? Was sind Symptome?

Weitere depressive Symptome

Neben den oben beschriebenen Hauptmerkmalen können bei depressiven Episoden zahlreiche weitere Beschwerden auftreten. Viele Depressive fühlen sich antriebslos, minderwertig oder grundlos schuldig. Die Melancholie kann sich bis zu einer allgemeinen Verzweiflung steigern.

Während gemeinhin bekannt ist, dass sich Depressionen auf die Stimmung und die Gedanken auswirken, ist das Wissen über psychosomatische Beschwerden noch wenig verbreitet. Zu den psychosomatischen Beschwerden, die bei einer Depression auftreten können, gehören:

  • innere Unruhe
  • Wetterfühligkeit
  • subjektiver Energiemangel
  • verringerte Libido
  • Magenprobleme

Besonderheiten der Winterdepression

Winterdepressionen unterscheiden sich von anderen Formen der Depression nicht nur durch ihr jahreszeitlich bedingtes Auftreten. Eines der möglichen Symptome einer Depression besteht darin, dass der Betroffene den Appetit verliert (siehe Appetitverlust) – ein verstärkter Appetit ist zwar ebenfalls möglich, gilt jedoch als atypisch.

Für die Winterdepression ist hingegen genau diese Appetitzunahme charakteristisch. Viele Menschen, die unter der saisonalen Störung leiden, verspüren vor allem Appetit auf Kohlenhydrate wie Nudeln, Reis, Brot, Backwaren und Süßigkeiten. Dadurch ist es möglich, dass ihr Gewicht steigt. Zudem leiden viele Betroffene während einer depressiven Episode unter Lethargie: Sie schlafen mehr als üblich und fühlen sich müde.

Gleichzeitig oder unabhängig davon können Menschen mit Winterdepressionen unter Einschlafstörungen leiden. Oft verschiebt sich der Tagesrhythmus.


Schlafstörungen und Schlafprobleme im Kontext von Angst


Vor der Behandlung: Die Diagnose

Wenn Sie sich grundlos traurig und antriebslos fühlen oder unter anderen depressiven Symptomen leiden, können Sie einen Arzt um Rat bitten. Bei einer saisonalen Depression handelt es sich um eine diagnostizierbare Krankheit, die behandelt werden sollte.

Ärzte und Therapeuten unterscheiden bei depressiven Episoden verschiedene Schweregrade:

  • leicht (F32.0)
  • mittelgradig (F32.1)
  • schwer (F32.2 und F32.3)

Der Buchstaben-Zahlen-Kombination in Klammern bezieht sich auf den Code, den die entsprechende Diagnose im Internationalen Klassifikationssystem der Krankheiten (ICD-10) hat.

Manchmal hängen Ärzte und Therapeuten der Diagnose noch einen Buchstaben an: V, G oder Z.

  • Der Code F32.9G beschreibt beispielsweise eine depressive Episode ohne nähere Bezeichnung, die als gesichert gilt.
  • Im Gegensatz dazu steht der Buchstabe V nach einem Diagnoseschlüssel für „Verdacht auf“.
  • Ein Z bedeutet „Zustand nach“ und wird vergeben, wenn die Voraussetzungen für die eigentliche Diagnose jetzt nicht mehr vorhanden sind.

Wenn Ihr Arzt sich sicher ist, dass Sie unter einer depressiven Störung leiden, aber die Art der Depression noch nicht feststeht, kann er die Diagnose F32.9G notieren. Sollte sich herauskristallisieren, dass es sich um eine saisonale Depression handelt, würde Ihr Arzt die Diagnose ändern.

F32.9G Diagnose – Unklare depressive Episode?

Eine Winterdepression, die jedes Jahr erneut auftritt, wird nämlich nicht als (einzelne) depressive Episode klassifiziert, sondern als rezidivierende depressive Störung. Auch dabei wird zwischen den o. g. Schweregraden unterschieden. Wenn Sie unter einer mittelgradigen Winterdepression leiden, würde in Ihrer Krankenakte deshalb der Code F33.1 auftauchen statt F32.1.

Rezidivierende depressive Störung gegenwärtig mittelgradige Episode

Behandlung: Was tun, was hilft?

Eine saisonale affektive Störung kann Ihr Leben deutlich beeinträchtigen – doch zum Glück lässt sie sich in vielen Fällen erfolgreich behandeln. Spaziergänge bei Tageslicht und andere Tipps können hilfreich sein, reichen bei einer echten Winterdepression allerdings nicht aus und stellen lediglich eine Ergänzung dar.

Was Sie tun können, um die Winterdepression zu bekämpfen, hängt grundsätzlich vom Einzelfall ab. Wir stellen Ihnen hier lediglich einige Behandlungsmethoden vor. In einem systematischen Review-Artikel gelangten Wissenschaftler zu dem Schluss, dass für die akute Behandlung nur Antidepressiva und Lichttherapie ( via Tageslichtlampe) sicher wirksam seien (siehe welche Antidepressiva gibt es?) – es bestehe bei anderen Behandlungsansätzen noch Forschungsbedarf (Cools et al. 2017).

► Psychotherapie

Eine Psychotherapie (siehe Arten Psychotherapie) oder eine psychologische Beratung gilt als sinnvoll. Im Rahmen der Therapie lernen Betroffene, mögliche Auslöser der Depression zu identifizieren und angemessen auf sie zu reagieren. Therapeuten helfen darüber hinaus bei der Bewältigung von anderen mentalen Problemen, die zur saisonalen Depression beitragen können.

Viele Studien zeigen, dass die kognitive Verhaltenstherapie eine Therapieform bei Depressionen ist. In Deutschland gehören zudem die Psychoanalyse und die tiefenpsychologische Therapie zu den Richtlinienverfahren. Im Rahmen einer Psychotherapie können akute Symptome behandelt werden, aber auch individuelle Strategien zur Rückfallprophylaxe entwickelt werden.

Psychotherapie von A-Z ♥ – Ein einführender Überblick für Patienten

Kognitive Verhaltenstherapie, Kognitive Umstrukturierung

► Lichttherapie (Phototherapie)

Die Nationale Versorgungsleitlinie empfiehlt die Lichttherapie bei einer saisonalen Depression ebenfalls. Bei der Lichttherapie setzen Sie sich morgens gleich nach dem Aufstehen vor eine spezielle Lampe – der Abstand zur Lichtquelle beträgt dabei 50–80 cm. Eine haushaltsübliche Leuchte kann diese Speziallampen nicht ersetzen.

Die empfohlene Dauer pro Anwendung hängt davon ab, wie hoch die Intensität des Lichts ist. Wenn die Lampe lediglich 2.500 Lux erreicht, werden zwei Stunden pro Tag empfohlen. Bei einer Intensität von 10.000 Lux genügen hingegen 30–40 Minuten.

Während einer Winterdepression sollte die Lichttherapie täglich angewendet werden – mindestens zwei bis vier Wochen lang. Dabei können vorübergehend leichte Nebenwirkungen auftreten:

  • überanstrengte Augen
  • Sehstörungen
  • Kopfschmerzen
  • Rastlosigkeit
  • Übelkeit
  • Sedierung

In sehr seltenen Fällen können sich zudem (hypo-)manische Symptome zeigen. Wenn Sie die Lichttherapie durchführen möchten und ein Risiko für Augenprobleme haben, sollten Sie einen Augenarzt aufsuchen, bevor Sie die Lichttherapie anwenden. Da manche Antidepressiva die Lichtempfindlichkeit erhöhen können (vgl. Johanniskraut Nebenwirkungen: Sonne), sollte eine Phototherapie nicht als Ergänzung für diese Medikamente gegen Depression zum Einsatz kommen.

Vitamin D

Als Vitamine bezeichnet man eigentlich Stoffe, die der Körper nicht in der Menge bilden kann, die er benötigt. Vitamin D stellt dabei eine Ausnahme dar, denn Ihr Körper kann es mithilfe von Sonnenlicht über die Haut synthetisieren. Da im Winter das Tageslicht auf der Nordhalbkugel des Planeten abnimmt, bildet der Körper in dieser Zeit geringere Mengen dieses Nährstoffs. Ein Mangel an Vitamin D steht mit Depressionen im Zusammenhang – wird dieser Mangel behoben, bessern sich auch die depressiven Symptome (Parker, Brotchie & Graham, 2017).

Vitamin D beeinflusst, wie der Körper einen wichtigen Botenstoff des Nervensystems verarbeitet: Serotonin. Depressionen können durch einen Serotoninmangel entstehen. Bei einer Winterdepression ist ein Serotoninmangel jedoch nicht unbedingt das (einzige) Problem: Häufig wird das Serotonin zu schnell wieder aufgenommen, sodass es nicht lange genug wirken kann (Melrose, 2015). Studien mit Versuchstieren zeigen, dass Vitamin D beeinflusst, wie lange das Serotonin verfügbar ist (Sabir et al., 2018).

Antidepressiva

Antidepressiva sind Medikamente, die gegen Depressionen eingesetzt werden. Bei der Behandlung der Winterdepression kommen in erster Linie selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI) zum Einsatz. Diese Medikamente wirken an der Schnittstelle zwischen den Nervenzellen und sorgen dafür, dass das Serotonin langsamer wieder von den Zellen aufgenommen wird. Dadurch steht der Botenstoff länger zur Verfügung und kann bei gleichbleibende Konzentration stärker wirken.

Wie bei jedem Medikament, so können auch bei Antidepressiva Nebenwirkungen auftreten. Diese hängen vom jeweiligen Präparat ab. Die Mittel gegen Depressionen können von einem Arzt verschrieben werden.

Antidepressiva – Einführung, Überblick, Liste der Mittel

Johanniskraut als pflanzliches Mittel gegen depressive Verstimmungen und insbesondere Winterdepression

Zu den pflanzlichen Mitteln, die bei einer depressiven Verstimmung helfen sollen, gehört Johanniskraut. Es ist in verschiedenen Formen erhältlich, unter anderem als Tee oder Tabletten. Ein Beispiel dafür ist Felis 425 von Hexal. Felis 425 ist apothekenpflichtig und für leichte Depressionen gedacht.

Auch Jarsin 300 von Klosterfrau Group basiert auf Johanniskraut. Bei Jarsin 300 handelt es sich um überzogene Tabletten, die die Stimmung verbessern sollen und ebenfalls für leichte Beschwerden gedacht sind.

Hexal Felis 425 / 650 Johanniskraut

Jarsin 300 / 450 mg Johanniskraut gegen psychische Verstimmungen

Weitere Ansätze: L-Tryptophan und Schisandrabeeren

Depressionen sind sehr weit verbreitet und es gibt viele weitere Überlegungen, was Sie tun können, um depressive Verstimmungen zu vermeiden. Allerdings handelt es sich dabei nicht immer um Mittel, deren Wirksamkeit einwandfrei belegt ist.

Die Aminosäure L-Tryptophan beeinflusst den Serotonin-Stoffwechsel. Deshalb gehen einige Menschen davon aus, sie könne bei depressiven Symptomen helfen. Einzelne Studien scheinen diese Vermutung zu bestätigen. Die Studienlage wirkt jedoch durchwachsen und Nahrungsergänzungsmittel mit L-Tryptophan können Nebenwirkungen hervorrufen.

Tryptophan / L-Tryptophan | Rolle und Wirkung u.a. im Kontext von psychischen Erkrankungen

Die Inhaltsstoffe von Schisandrabeeren sollen sich ebenfalls auf die Psyche auswirken und möglicherweise eine antidepressive Wirkung aufweisen (Sowndhararajan et al., 2018). Die Schisandrabeeren sind auch als Chinesisches Spaltkörbchen bekannt und kommen in der asiatischen Volksheilkunde zusätzlich bei anderen Beschwerden wie Einschlafstörungen zum Einsatz.

Schisandra Beeren und ihre Wirkung

Wie kann man Winterdepressionen vorbeugen?

Was können Sie tun, um das Risiko von Melancholie und Lethargie im Winter zu senken? Da eine saisonale Depression immer wieder zur selben Jahreszeit auftritt, empfehlen Ärzte und Therapeuten, nicht nur die akute Winterdepression zu bekämpfen, sondern auch an die Prävention zu denken. Was hilft und der saisonalen affektiven Störung am besten vorbeugt, ist wissenschaftlich allerdings noch nicht endgültig geklärt, da die Präventionsmaßnahmen noch nicht ausreichend erforscht sind (Nussbaumer-Streit et al., 2017).

Einem Vitamin-D-Mangel vorbeugen

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) schätzt, dass Jugendliche und Erwachsene 20 µg Vitamin D zu sich nehmen müssen. Mit einer durchschnittlichen Ernährung erreichen Jugendliche und Erwachsene diesen Wert nicht, sodass die Vitamine laut der DGE entweder mithilfe von Sonnenlicht selbst gebildet werden müssen oder ein Nahrungsergänzungsmittel erforderlich ist.

Lichttherapie im Herbst und Winter

Mediziner empfehlen, die Lichttherapie nicht nur bei einer akuten Episode der saisonalen affektiven Störung anzuwenden. Personen, bei denen eine Winterdepression festgestellt wurde, können die Lichttherapie auch vorbeugend nutzen. Wenn Sie beispielsweise jedes Jahr im November eine depressive Episode haben, können Sie sich in diesem Zeitraum täglich vor eine Speziallampe setzen.

Zu den gängigen Tipps gegen Winterdepressionen gehören darüber hinaus Spaziergänge und andere Aktivitäten im Freien.

Ein Besuch im Solarium ist hingegen nicht sinnvoll, um die Bildung von Vitamin D zu unterstützen, wie die DGE erklärt. Auch das Deutsche Grüne Kreuz weist darauf hin, dass Besuche im Solarium keinen Einfluss auf die Ursachen einer saisonalen Depression haben.

Basisliteratur

  • Tölle, R. & Windgassen, K. (2003). „Psychiatrie“. Berlin, Springer Medizin.
  • Weltgesundheitsorganisation (World Health Organizsation, WHO): „Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme – 10. Revision – German Modification – Version 2019“. https://www.dimdi.de/static/de/klassifikationen/icd/icd-10-gm/kode-suche/htmlgm2019/index.htm (abgerufen am 29.01.2019).
  • Wittchen, H.-U. & Hoyer, J. (2011). „Klinische Psychologie & Psychotherapie“. Berlin, Springer Medizin.

Ängste, Phobien, Panikattacken > Angststörungen und Angsterkrankungen