ICD 10 - F40.2 Diagnose - International Classification of Diseases (© hafakot / stock.adobe.com)

Bedeutung der Diagnose F40.2 laut ICD 10

ICD-10 F 40.2 ist der diagnostische Code für spezifische / isolierte Phobien. Die ICD-10 ist die International Classification of Diseases (Internationale Klassifizierung von Krankheiten) und schlüsselt sämtliche Diagnosen auf, die ein Arzt bei einem Patienten stellen kann. Unter der Rubrik F sind alle psychiatrischen / seelischen Störungen zusammengefasst; F 40 steht für die unterschiedlichen Arten von Angststörungen und F40.2 ist die spezifische Diagnose.

weitere mögliche Codes:

  • F40.2G für eine gesicherte Diagnose
  • F40.2V für eine Verdachtsdiagnose
  • F40.2Z – Z steht für “Zustand nach” und beschreibt einen Patienten, bei dem die Symptome der Erkrankungen abgeklungen sind

Was sind Phobien?

Phobien gehören zur Gruppe der Angststörungen und beschreiben anders als z.B. generalisierte Angststörungen Ängste und Panikanfälle in Zusammenhang mit einem konkreten Gegenstand (im Sinne von: physische Objekte, Situationen, Räumliche Umgebungen, Personen). Neben sozialen Phobien und Agoraphobien existieren noch die spezifischen Phobien, die sich in fünf grobe Gruppen einteilen lassen:

Etymologisch stammt der Begriff “Phobie” vom griechischen φόβος (phobos, Angst).

Auftreten in der Bevölkerung

Die meisten Menschen neigen zu (meist leichten) phobischen Reaktionen auf Gegenstände aus mindestens einer der oben genannte Gruppe. Dennoch manifestieren sich diese Ängste nicht immer als psychiatrische Störung inklusive Beeinträchtigung der Lebensqualität, sondern bleiben in den normalen Alltag integrierbar. Die wenigsten Menschen mit Phobien suchen professionelle Hilfe oder empfinden sich selbst als krank.

Frauen sind häufiger von spezifischen Phobien betroffen als Männer, die Lebenszeitprävalenz klinisch relevanter Ängste aus dieser Kategorie beträgt insgesamt etwas mehr als zehn Prozent.

Wir wird eine spezifische Phobie F40.2 diagnostiziert?

Wie bei anderen Angststörungen auch werden spezifische Phobien vom Arzt oder Psychiater im Patientengespräch aufgeklärt. Dabei werden Symptome und Situationen, in welchen diese auftreten, abgefragt und bewertet. Zum Ausschluss organischer Ursachen werden üblicherweise parallel laufende labordiagnostische Untersuchungen herangezogen.

Die folgenden Anzeichen werden als Kriterien für eine Angststörung herangezogen:

  1. situativ nicht angemessene Angstreaktionen
  2. länger anhaltende Angst als notwendig; auch längere Zeit nachdem die Konfrontation mit dem Gegenstand der Phobie vorüber ist
  3. der Patient kann die Angst weder erklären noch steuern oder aus eigener Kraft überwinden
  4. Beeinträchtigung des alltäglichen Lebens des Betroffenen
  5. Auswirkungen der Ängste auf soziale Kontakte des Patienten

Das DSM-V (diagnostisches Handbuch für seelische Erkrankungen, 5. überarbeitete Version) benennt zu spezifischen Phobien die folgenden diagnostischen Kriterien:

  1. Angst oder Besorgnis angesichts eines spezifischen Gegenstands oder einer Situation
  2. der phobische Gegenstand / Situation erzeugt eine unmittelbar eintretende Angst
  3. der phobische Gegenstand wird vermieden oder nur unter großer Angst ertragen
  4. die Angst ist angesichts der realen Gefahr, die vom phobischen Gegenstand ausgeht, auch im soziokulturellen Kontext, unverhältnismäßig groß
  5. Die Angst oder Besorgnis hält sich persistent, üblicherweise über mindestens 6 Monate
  6. Die Angst sorgt für klinisch relevante Beeinträchtigungen oder Not im sozialen oder beruflichen Bereich oder in anderen wichtigen Gebieten psychosozialer Funktion
  7. die Störung sollte nicht durch eine andere psychiatrische Störung erklärbar sein, wichtig in diesem Zusammenhang sind Ängste in Verbindung mit Panikstörungen (F 41.0), Traumafolgestörungen, wahnhaften Störungen oder Zwangsstörungen

Ursachen für spezifische Phobien

Die Entstehung psychischer Störung wie etwa der Diagnose F40.2  ist ein komplexes Faktorengebilde, das noch immer nicht vollständig aufgeklärt wurde. Im verbreitet angewendeten “Vulnerabilitäts-Stress-Modell” wird davon ausgegangen, dass

  • zu einer Grundveranlagung, die im Charakter, der Kindheit, erlangten Erfahrungen und durchlebten traumatischen Lebensabschnitten begründet ist,
  • noch zusätzlich ein auslösender Stressor hinzukommen muss, um die Ausformung einer Erkrankung zu bedingen.

Biologisch-evolutionär lässt sich Angst als Vermeidungsstrategie und Reaktion auf reale Gefahren erklären. Sie soll den Organismus durch Aktivierung von Fight-or-Flight-Mechanismen und die fokussierte Wahrnehmung des Angstgegenstandes vor Schaden bewahren.

Es gibt genetische Faktoren, die das Auftreten von Angststörungen fördern können, z.B. Abweichungen in der Verarbeitung der Neurotransmitter Serotonin, Dopamin, Noradrenalin und Adrenalin. Auch hirnorganische Veränderungen im präfrontalen Cortex und der Amygdala lassen sich bei Menschen mit z.B. generalisierten Angststörungen beobachten. Dies liefert jedoch keine hinreichende Erklärung für die Entstehung von spezifischen Phobien.

Je nach psychotherapeutischer Schule (vgl. richtige Psychotherapie finden) werden andere Gewichtungen bei der Ursachenforschung gelegt, sodass sich erst in der Synthese mehrerer Blickwinkel ein Gesamtbild ergibt: Die Unterscheidung zwischen Furcht (auf eine reale Gefahr gerichtet) und Angst (diffuser, weniger fokussiert) ermöglicht nach Siegbert Warwitz die Theorie, dass Phobien aus der Loslösung von der Fight-or-Flight-Reaktion hin zu einer lähmenden Angst entstehen. Kognitiv lassen sich Phobien als „falsche innere Bewertungen” von Situationen und Gegenständen erklären. Sie entstehen aus verzerrter Wahrnehmung der realen Gefährlichkeit des phobischen Gegenstandes und führen langfristig zu starkem Vermeidungsverhalten, welches sich als “maladaptives kognitives Schema” manifestiert.

Die Psychoanalyse beschreibt Phobien als neurotische Verdrängungsleistung, bei der angstauslösende Inhalte von scheinbar harmlosen äußeren Situationen oder Gegenständen verdeckt wird. Das soll erklären, warum auch der Betroffene selbst nicht mehr erklären kann, welche Ursache die Angst hat. Der große Leidensdruck entsteht dann durch den nicht greifbaren Charakter der diffusen Furcht und durch die Verschiebung der angstauslösenden Wünsche oder Ideen ins Unbewusste, wo sie keine wirksame Ausagierung finden.


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Therapie spezifischer Phobien nach ICD10 F40.2

Am erfolgversprechendsten und laut empirischen Daten am nachhaltigsten sind Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie. Hierbei erlernen Patienten Fähigkeiten, die sie zur Bewältigung angstbehafteter Situationen anwenden können. Es wird weitgehend auf eine erkrankungshistorische Ursachensuche verzichtet. Der Fokus liegt vor allem auf der aktuell belastenden Situation und ihrer Überwindung.

Bei der Konfrontationstherapie wird der Patient in therapeutischer Begleitung gezielt den phobischen Situationen/ Gegenständen ausgesetzt. Der Therapeut kontrolliert die Begegnung soweit, dass die Sicherheit des Betroffenen gewährleistet ist und motorische und kognitive Vermeidungsreaktionen abgebaut werden können. Das Erleben der emotionalen und physiologischen Angstreaktion ist dagegen Bestandteil und Ziel der Begegnung: Der Patient erlernt dabei die Angst als passageres (vorübergehendes) Phänomen zu erleben, das er ohne Schaden zu nehmen aushalten kann. Anders als der Patient es in der phobischen Wahrnehmung erwartet, steigert sich die empfundene Angst nicht endlos, sondern erreicht nach einiger Zeit ein Plateau und sinkt anschließend sogar. Diese Beobachtung ermöglicht dem Patienten, freier mit seiner Phobie umzugehen und schließlich die “Angst vor der Angst” abzulegen.

Um die Begegnung für den Patienten erträglicher zu machen, ist auch die Anwendung hypnotischer Methoden möglich, um einen Entspannungszustand zu erreichen, in welchem er den Gegenstand der Phobie neutraler wahrnehmen kann.

Anders als in der populärpsychologischen Vorstellung handelt es sich bei der therapeutischen Konfrontation in der Behandlung von F40.2 nicht um ein überwältigendes Schocken des Patienten, sondern eine z.B. durch Entspannungs- und Imaginationstechniken gut vorbereitetes und therapeutisch begleitetes Verfahren. Das schockhafte Erleben von Kontrollverlust soll dabei gezielt vermieden werden. Dennoch kann z.B. graduiert konfrontiert, d.h. mit sich stetig steigernden Angstreizen, vorgegangen oder aber in der massierten Konfrontation der Patient sofort der am stärksten angstauslösenden Situation direkt ausgesetzt werden.

Symptomatische Therapie

Zur Verhinderung von Panikattacken kann medikamentöse Unterstützung z.B. mittels Benzodiazepinen angezeigt sein. Anxiolytische Medikamente, wie sie in der Therapie der generalisierten Angststörung eingesetzt werden, sind allerdings bei spezifischen Phobien kein empfohlener Therapieweg.

Als hilfreich werden von Betroffenen dagegen oft Selbsthilfegruppen und Entspannungsverfahren von Meditation und PMR bis hin zur Selbsthypnose empfunden. Die Erfahrung, mit den eigenen Ängsten nicht allein zu sein, kann ein wichtiges soziales Bindeglied für den Patienten sein.

Beispiele für spezifische Phobien

Die häufigsten Phobien sind die Ängste vor Schlangen, Spinnen und Höhen.

Youtube-Videos zum Thema

Weitere Informationen kann man in folgenden Videos erhalten:


ICD 10 - F40.2 Diagnose - International Classification of Diseases (© hafakot / stock.adobe.com)
ICD 10 – F40.2 Diagnose – International Classification of Diseases (© hafakot / stock.adobe.com)

F40.2 – Quellen und weiterführende Ressourcen:

  • Peter Neudeck, Hans-Ulrich Wittchen (Hrsg.): Konfrontationstherapie bei psychischen Störungen. Theorie und Praxis. Hogrefe, Göttingen u. a. 2004
  • en.wikipedia.org/wiki/Specific_phobia
  • en.wikipedia.org/wiki/List_of_phobias
  • American Psychiatric Association. (2013). Diagnostic and statistical manual of mental disorders (5th ed.). Washington, DC
  • Choy, Y; Fyer, AJ; Lipsitz, JD (April 2007). “Treatment of specific phobia in adults”. Clinical Psychology Review. 27 (3): 266–86
  • Gerd Huber: Psychiatrie. Lehrbuch für Studium und Weiterbildung. 7., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage. Schattauer, Stuttgart u. a. 2005

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